Ein Tropfen auf den heissen, andalusischen Stein
Eine Woche ist meine Zeit bei der FBM nun schon Vergangenheit und doch noch immer sehr präsent.
Was hängen geblieben ist, ist, dass das neue Tierschutzgesetz aktuell für die Tierschützer und Tiere sehr große Veränderungen mit sich bringt. Es landen noch mehr Tiere auf der Straße, auch die nun besser gestellten und geschützten Haustiere.
Die Tierheime vor Ort benötigen dringend unsere Unterstützung, sei es durch spenden, Patenschaften oder Hilfe vor Ort.
Auch wenn ihr denkt es ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Viele kleine Tropfen können viel bewirken…
Tag 1 – 7.10.23
Anreiseabenteuer inkl. Stromausfall beim Sicherheitscheck in HH, Umsteigen in Madrid und Ankunft in Sevilla mit knapp 40 Minuten Verspätung (da ist man 2,5 h vorher da, schon im besitz der Bordkarte und gebuchtem Slot für den Sicherheitscheck und schafft es trotzdem nur gerade so pünktlich in den Flieger… gewöhnungsbedürftig).
Zum Glück hatte ich ein gutes Buch dabei um mich abzulenken. Meine Rezension dazu könnt ihr bei Interesse hier nachlesen: Rezension auf Amazon!
Christoph vom Berliner Galgomarsch erwartete mich schon am Flughafen, Anja (Jaspers Abenteuer) und Doreen, alle samt vom Rande Berlins angereist, empfingen mich wie alte Freunde.
Daniela & Danay aus Hamburg boten mir sofort ihr Sofa zur Übernachtung an.
So klein ist die Welt und so herzlich kann sie sein. Schön.
Tag 2 – 8.10.23
Die erste Nacht habe ich ohne Ohrstöpsel gut überstanden.
7.30 Wecker, Kaffee, Wasser ins Gesicht und los!
Wasser in den Zwingern im Gang wechseln und Zwinger mit Schippe, Besen und viel Wasser von nächtlichen Hinterlassenschaften befreien.
11.30 Wechsel mit Christoph in die Welpenstation. Hier geht ohne vorherige Desinfektion und stenger Einhaltung der Hygiene Vorschriften nichts.
Zwischendurch nehmen wir uns die Zeit immer wieder mit den Hunden zu kuscheln.
Unglaublich wie anschmiegsam, offen und freundlich die meisten Tiere sind.
Viele fordern ihre Schmuse-Einheiten regelrecht ein, drängeln die anderen weg, aber es gibt wenig Aggression untereinander.
Auffallend und sehr anhänglich sind die vielen großen, schwarzen Rüden (oft mit unverkennbarem Greyhoundgesicht).
Tag 3 – 9.10.23
Wecker um 7.00 verpasst.
Fix Kaffee geschlürft, Wasser ins Gesicht und los.
8.00 in den Gängen Victor helfen, die Hunde in den Freilaufbereich bzw. zurück in ihre Zwinger zu bringen, Trinkeimer säubern und Trinkwasser auffüllen.
13.00 Lebensmittelshopping mit Christoph
Am Nachmittag Gisela Mehnert kennen gelernt – ein wundervoller Mensch. Sie war sehr dankbar und interessiert am Hamburger Galgomarsch und wollte wissen wie Interesse und Resonanz sind. Sie findet gut was wir tun und ist wie wir der Meinung, je mehr Mensch sich engagieren und gleichzeitig auf die Straßen gehen, umso besser. Denn auf die Größe kommt es dabei nicht an, sondern wie viele Menschen man erreicht. 💪
Ein kurzer Besuch bei Ragnar und Laika im Hospital. Beide werden (wie auch alle anderen Patienten) großartig und liebevoll umsorgt.
Der Abend war ruhig aber die Hunde haben wirklich viel gebellt.
FBM Tag 4 – 10.10.23
WELTHUNDETAG
Davon bekommen wir hier nicht viel mit.
Und für mich und unsere Hunde (zu Hause) ist sowieso jeder Tag Welthundetag.
Nach der üblichen Arbeit (Wassereimer und Futter auffüllen), habe ich mich über die Mittagszeit in die Halle zurück gezogen und dort mit den Hunden geruht.
Es ist schön zu sehen wie sie sich trotz ihrer bisher meist nicht guten Erfahrungen auf so viele unterschiedliche Menschen einlassen können und auch wollen.
Jeder Hund ist anders, besonders und braucht eine andere Ansprache. Mir haben es die ruhigen, die unsichtbaren, die skeptischen, oft gehandicapten Felle angetan. (fälschlicherweise viel zu oft als „Angsthunde“ abgestempelt).
Nicht, weil ich Mitleid mit ihnen habe, im Gegenteil – sie haben es jetzt gut. Sondern, weil sie so viel „zu berichten“ und eine so sanfte Persönlichkeit haben. Sie verdienen eine Extrachance, denn sie drängeln sich eben nicht in den Vordergrund.
Cranio-Touch ist ein wunderbares Angebot an diese Tiere sich zu öffnen und sie nehmen es sehr gern an.
Tag 5 – 11.10.23
Wieder den Wecker verpasst.
Es ist erstaunlich wie schnell Mensch sich an das Dauerbellen und -jaulen doch gewöhnt.
Nach 2 Kaffee und ein paar Keksen wieder Wassereimer säubern und auffüllen.
Und Hunde kuscheln.
Obwohl viele misstrauisch sind, genießen sie die angebotene Zuwendung sehr.
Nach der Frühstückspause waren heute die Aussengehege unsere Aufgabe, auch dort müssen viele Häufchen weggeräumt werden.
Wir sind mittlerweile 7 Freiwillige, da ist das fix erledigt und es ist wieder Zeit für Streichel-Einheiten.
Hab mich in einen Zwinger mit 2 scheuen Neuankömmlingen gesetzt und ihnen Unterstützung angeboten.
Es ist schön zu sehen wie sie diese annehmen wollen… manchmal aber noch nicht können.
Ich werde sie morgen wieder besuchen.
Am Nachmittag gings zu Mastines en Calle, dort wurden wir von Rapha und seiner Familie sehr herzlich empfangen. Nach einer Führung durch das kleine private Tierheim gab es Kaffee und Kuchen und ein gemeinsames Abschiedsfoto.
Ein Unterschied wie Tag und Nacht, eine sehr wichtige und nachhaltige Erfahrung.
Die kleinen Tierheime haben weder Zeit noch Geld, viel für sich zu werben und erhalten entsprechend weniger Spenden. Auch wird dort öfter kritisch nach der Seriosität gefragt. Ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist. Dabei benötigen sie auch sehr dringend unsere Unterstützung, z.B. auch durch Volontär-Arbeit.
Kurze Dusche und dann zum Abendessen mit Gisela Mehnert. Daniela kennt Gisela schon sehr lange und so war es ein sehr vertrauter, familiären Abend.
Es fühlte sich richtig wie Urlaub an.
Tag 6 – 12.10.23
Vor dem Wecker aufgewacht!
Aufstehen.
Kaffee.
Frühsport , wie jeden Morgen (Aber das interessiert euch ja nicht, oder doch?)
Und dann wieder ran an die Wassereimer.
Ausleeren, auswischen, befüllen.
Kurze Pause, weil meine Allergie (ja, Hundehaaralergie) mich dazu zwingt.
Um 13 Uhr werden die Außengehege vom Poop befreit und auch dort wieder die Wassereimer gesäubert und neu befüllt.
Leider noch eine Pause, ich bekomme kaum Luft.
Am Nachmittag war ich dann mit einigen meiner Lieblinge auf dem Gelände „spazieren“.
Cala, Joy und Dali
Vor Dali z.B. hat mich wirklich jede:r Mitarbeiter:in gewarnt: „Sei vorsichtig! Der beißt.“ Mit etwas Zeit, zeigte er mir jedoch schnell sein wahres Gesicht und dieses ist seeehr verschmust.
Es ist doch immer wieder erstaunlich wie schnell sich die Tiere orientieren, wenn sie dürfen.
Abendessen – Christoph verwöhnt uns jeden Abend mit seinen Kochkünsten.
Und ab ins Bett.
Die Allergie war fast nicht mehr zu ertragen.
Tag 7 – 13.10.23
Same procedure as every day.
Wassereimer leeren, säubern und mit frischem Wasser befüllen.
Für 36 Käfige mit jeweils 1-6 Hunden (z.Zt. meist 4-5) nimmt das so seine Zeit in Anspruch.
Zu den Welpen gehe ich lieber nicht, auch nicht mit Schutzkleidung. Das Risiko ist mir zu hoch.
Als Volontär ist auch immer wieder zwischendurch Zeit, die Hunde zu beschmusen, sofern sie es wollen.
Während wir putzen, sind die Hunde Gruppenweise in den Ausläufen.
Das wird von den meisten sehnsüchtig erwartet, im Auslauf dann die Ernüchterung. Wieder Zaun, wieder die selben Mitinsassen…es wird sich glöst und dann gedöst.
Um 11 Uhr (die festen Mitarbeiter:innen haben einen festen Zeitplan, egal ob mit oder ohne Freiwillige) werden die Ausläufe gesäubert.
Um 13 Uhr (wenn alle Hunde zurück in ihren Zwingen sind) wird das Wasser dort gewechselt.
Gegen 14.30 ist dann „Feierabend “
Ich frühstücke und lege mich ein wenig hin – habe ja schließlich Urlaub.
Am späten Nachmittag habe ich mir dann wieder ein paar meiner Schätzchen zu einem kurzen Spaziergang auf dem Gelände geholt.
Marga, Quima, Otero Marga, die hübsche, große schwarze Prinzessin, die sich am ersten Tag nicht blicken ließ, wurde von Galgo Save Belgium sofort reserviert – das freut mich sehr.
Ich drücke ihr von Herzen die Daumen, daß sie die FBM schnell verlassen und in ein noch schöneres Leben starten kann!
Tag 8 – 14.10.23
Weinende Hunde im Hospital die ganze Nacht.
Regen.
6.30 ist meine Nacht zu Ende.
Kaffee, Frühstück und ab an die Wassereimer in den Zwingern im Gang.
Ausläufe säubern und auch dort die Wassereimer säubern und nachfüllen.
Bis 14 Uhr ist noch jemand an der Rezeption, d.h. schnell meine Übernachtungen bezahlen und ein paar Erinnerungen shoppen.
Mittagspause in der Halle bei meinem einäugigen Liebling. Der aber heute leider nicht den Weg zu mir fand, es war viel zu unruhig. Ständig läuft jemand durch die Gänge, ein unglaublicher Lärm.
Am Nachmittag hing dann irgendwie jede:r seinen Gedanken nach, die Berliner gingen auf große Abschiedstour: alle Hunde nochmal herzen, kuscheln und ihnen gute Wünsche für die Zukunft in ihre süßen Öhrchen flüstern.
Ich habe mich in die Granjas verdrückt, da ist es ruhiger. Ich wollte die Hunde in den Gängen und der Halle nicht schon wieder aus ihrer verdienten Ruhe reißen. Deshalb holte ich auch keinen für einen gemeinsamen Spaziergang.
Habe dort auf Anhieb 3 Mädels entdeckt, die mich sofort sehr berührt haben, eine total offen und verschmust, eine offen aber zögerlich, die dritte komplett verunsichert durch meine Anwesenheit.
Eigentlich wollte ich nur von draußen schauen, da hat die mit dem roten Halsband ihre Pfote immer wieder durch den Zaun gestreckt, ein Dorn war drin. Hab in raus genommen und sie hat mich abgeleckt…bin dann rein und sie wich mir nicht von der Seite.
Sie wird bestimmt sehr bald ein schönes Zuhause finden: jung, hübsches Gesicht, aufgeschlossen, ohne sichtbare Blessuren oder Ängste… solche Hunde sind leichter zu vermitteln und werden schnell von den Vereinen reserviert und sobald eine Pflege-oder Endstelle frei ist, abgeholt.
In der Direktvermittlung sind fast nur die Ladenhüter: krank, alt, groß, schwarz oder schon grau (bei Galgos sehr früh, weiß nur niemand bzw. will es trotzdem niemanden haben), mit kleinere oder größeren sichtbaren Blessuren, Verhaltensauffälligkeiten oder meist einfach nur misstrauisch, geräuschempfindlich oder oder oder, Rüden bleiben meist länger hier als die Mädels.
Ich kann die Menschen und Vereine irgendwie verstehen.
Mir aber haben es genau diese Ladenhüter angetan.
Und wer weiß, vielleicht ist einer davon bei meinem nächsten Besuch noch hier und,darf mit uns in seine neue Zukunft starten…
Im Moment sind wir mit 4 Hunden mit special needs leider an unserem Limit angekommen.
Da nützt ein großes Herz wenig. Mensch muss den Hunden muss auch gerecht werden können, Zeit haben und Geld übrig (frei nach dem Motto: Entweder du hast Geld oder du hast Hunde. )
Der weinende Patient im Hospital hat mich früh mit Hörbuch auf den Ohren ins Bett gehen lassen… (natürlich ein Sachbuch zum Thema Ernährung und langes Leben von Hunden.)
Tag 9 – 15.10.23
Abreisetag.
Die 3 Berliner sind schon unterwegs als wir aufstehen … komisch so „allein“.
Sonntags sind nicht so viele Mitarbeiter hier vor Ort, d.h. für die Hunde, das sie nicht in die Ausläufe können.
D.h. aber auch weniger Unruhe durch Besucher und Volontäre, folglich etwas mehr Ruhe für die Felle und Zeit den in der Nacht verpassten Schlaf nachzuholen.
Irgendwo bellt, jault oder weint immer ein Hund…
Meine heutige Aufgabe vor dem Wassereimer säubern und füllen, war Kacki wegräumen.
Dabei habe ich mir ganz viel Zeit gelassen, um wirklich jedem Hund „Auf Wiedersehen“ zu sagen und viel Glück für die Zukunft zu wünschen.
Das ist mir ganz schön schwer gefallen, denn auch wenn ich es mir fest vorgenommen hatte, es nicht zuzulassen, sind mir einige richtig ans Herz gewachsen.
Ich habe noch ein paar Neuankömmlinge entdeckt, zarte, gestromte Felle mit viel Respekt vor uns Menschen. Auch sie werden sicher bald reserviert…sie haben keine sichtbaren Blessuren.
Gegen 11.30 Uhr war alles für heute erledigt- Feierabend. Und damit Zeit für eine sehr herzliche Verabschiedung von Natalia (in ihrer Abteilung durfte ich die vergangene Woche helfen) eine ausgiebige (leider kalte) Dusche, Koffer packen und Frühstück.
Noch einmal durch die Gänge oder die Halle zu laufen, bringe ich nicht übers Herz. Die Hunde haben ihre sonntägliche Ruhe mehr als nötig.
Sie werden mir fehlen die vielen wunderbaren Felle und ihre Pfleger:innen.
Und es ist doch passiert!
Mir ist ein ganz besonderer Galgo wirklich und (rückblickend) schon am ersten Tag ans Herz gewachsen -wie ich kurz vor Abfahrt zum Flughafen feststellen musste.
Es bricht mir fast das Herz ihn nicht mitnehmen zu können.
Patiti ist besonders.
Sehr besonders. Ein wirklich großer, sehr kräftiger, einjähriger bernsteinfarbener Kerl. Lebensfroh, freundlich und verschmust. Ein bißchen wie LeO, sie könnten Brüder sein… Und Patiti ist Dauerpatient im Hospital und er hat mir (schon am ersten Abend, kurz nach meiner Ankunft) ins Herz geschaut, von seiner alten Schulterfraktur und schiefen Wirbelsäule war da nichts zu sehen.
Ich habe eine Patenschaft für ihn übernommen und hoffe bald erfreuliches über ihn zu lesen.
Und wer weiß, vielleicht sehen wir uns ja wieder…
Daniela und Danay haben mich dann zum Flughafen gefahren, vorsichtshalber 3h vorher, was allerdings nicht nötig gewesen wäre.
Weder eine Schlange beim Koffer drop off noch bei der Sicherheitskontrolle…in 20min alles erledigt. Tja Hamburg, so gehts auch.
20min früher als geplant sind wir dann in Hamburg gelandet und 2 meiner Jungs haben mich mit Getränken und im geheizten Auto in Empfang genommen – von 30 auf 13°C in 8h ist eine ziemliche Umstellung.
Es waren ein paar wunderbare, sehr ereignis-, lehrreiche und heilsame Tage bei der Fundación Benjamín Mehnert.
Vielen Dank für die Möglichkeit diese Erfahrung erleben zu dürfen.
Ich komme wieder.
Versprochen.
Nun hat der Alltag mich wieder. Meine Gedanken sind allerdings noch bei den Hunden in Sevilla…